Radballbericht von Heinz-Dieter Kuhlmann   

Titel Nr. 6 für Jens Krichbaum, Premiere für Roman Müller

Das Double für SV Eberstadt ist geschafft, nach dem Deutschlandpokal holte sich das erst im Januar gebildete Team Jens Krichbaum und Roman Müller im Finalspiel gegen RMC Stein (Gerhard und Bernd Mlady) den Titel eines Deutschen Meisters 2015. Der vom Erfolgscoach Ex-Weltmeister Christian Heß: “DM-Titel mit  3 verschiedenen Mannschaften!“ verkündete 2-Jahres-Plan schaffte das Team schon im 1. Jahr. Gleichzeitig qualifizierten sich die Südhessen für die WM in Malaysia mit 33 Rankingpunkten. Als Reserveteam fährt RVS Obernfeld I (Andre und Manuel Kopp) – 29 Rankingpunkte -  mit nach Asien. Neben diesen beiden Teams hat sich RMC Stein – 26 Rankingpunkte - als 3. Mannschaft für den BDR für den Weltcup 2016 qualifiziert. RV Gärtringen – 19 Rankingpunkte – und RC Iserlohn haben den Weltcup verfehlt.

Besonders stolz war Jens Krichbaum, denn nun ist er 6-facher Deutscher Meister mit 3 verschiedenen Partnern in den Jahren 2006 bis 2015, jetzt zum 4. Male in Folge. Die 10-fachen Titelträger in Folge der Jahre 1967 bis 1976 Flackus-Bernais aus Kostheim hat er noch nicht erreicht und zur Hamburger Radballlegende Guschi Köping (10 Titel mit 6 Partnern in den Jahren 1923 bis 1947) wird er es wohl nie schaffen, aber dennoch gehört er zu den ganz Großen in der deutschen Radballhistorie, sogar jetzt besser als sein Bundestrainer Jürgen King mit 5 Titeln. Das besondere daran ist, daß Jens in dieser Saison vom Tor ins Feld noch umschulen mußte. Ohne Partner Roman Müller als eine Bank im Tor ging es nicht. Genügend Routine brachte der Mann vom Altrhein mit RSG Ginsheim-Blut in der Bundesliga seit 2003 mit und für ihn ging nun auch ein lange herbeigesehnter Traum in Erfüllung: „Deutscher Meister mit 12 Jahren Anlauf“.

Im Finalspiel gegen RMC Stein erwartete man wie in der Meisterrunde (1:1) ein Match auf Augenhöhe. SV Eberstadt erwischte einen Traumstart, weil RMC Stein zu fahrig im Angriff spielte. Jens Krichbaum fuhr jeden Angriff ab und Roman Müller wurde zum „Man of the match“ der 1. Halbzeit. Nach 2.25 Min. fährt er Bernd Mlady mit hohem Tempo weg und markiert vorn halbe Höhe das 1:0. 2 Minuten später ein Hammer vorn im Dreieck Marke unhaltbar zum 2:0. Schon 20 Sekunden später spitzelt Jens Krichbaum Bernd Mlady den Ball weg und bedient Müller, der nur noch ins leere Steiner Tor einnetzen muß. 2 Sekunden vor Halbzeit ist Jens Krichbaum links durch, wird von Bernd Mlady gefoult (der dafür gelb bekommt). Es gibt Freischlag aus 6 Metern eigentlich zu seitwärts an der Bande und diesen verwandelt Roman Müller hinten über den Sattel zum 4:0-Halbzeitstand, das Spiel sollte gelaufen sein. Die Pause nutzte RMC Stein zur Konzentration und kam furios ins Spiel zurück. Nach 10 Sekunden kommt Roman Müller vom Rad und Bernd Mlady trifft zum 1:4. 2 Minuten später aus der Folge eines Eckballs schafft Stein das 2:4, es bleibt noch genügend Zeit. SV Eberstadt versucht das Tempo aus dem Spiel zu nehmen, Zeitspiel ist angesagt und in dieser Phase ergreift Jens Krichbaum die Initiative und schafft mit forschem Antritt das 5:2. 3.30 Min. vor Schluß ist Bernd Mlady vom Rad und Jens Krichbaum macht das 6:2 allein. Voll offensiv mit hohem Tempo läßt RMC Stein nicht locker und binnen 50 Sekunden steht es nur noch 4:6, noch 1.40 Min zu spielen, noch ist nichts verloren. Die Spielentscheidung dann 50 Sekunden vor Schluß: Der Kommissär deutet auf 4-Meter-Ball für Stein, aber die Rückfrage beim Spielbeobachter ergibt ein vorheriges Foulspiel von Stein. Der daraus folgende Ballbesitz für SV Eberstadt währt nicht lange, Bernd Mlady wirbelt und versucht alles und will flach einschieben, aber Roman Müller paßt auf und klärt so gut, daß der Ball zur Spielentscheidung ins leere Steiner Tor rollt. 7:4 – der Rest ist Jubel.

Wie erwartet war die vorherige Runde der 5 Teams bereits Aufregung pur und es gab 2 große Verlierer in diesem Wettbewerb. Zunächst der RV Gärtringen (Uwe Berner – Matthias König). Seit 2007 immer dabei, aber die Deutsche Meisterschaft ist nicht ihr Ding. Es fing schon bitter gegen RC Iserlohn (Heiko Cordes – Daniel Endrowait). Die Spielweise der Sauerländer behagt ihnen überhaupt nicht und man fiel wiederholt auf das Abwehrverhalten und der quirligen Spielweise von Daniel Endrowait herein: 2:5 zu Beginn war schon der turnierentscheidende Dämpfer. Gegen SV Eberstadt war man schon unter Druck, ging sogar 1:0 in Führung. Aber mit dem gewohnten Angriffsspiel, das hier und da zu langsam und unpräzise war, kam man gegen SV Eberstadt nicht durch und ging sogar hoch 2:8 geschlagen vom Feld. Verlieren verboten gegen RVS Obernfeld für beide Teams. RVS Obernfeld ging 1:0 in Führung und mit hohem taktischen Geschick gab sich keiner eine Blöße. Manuel Kopp schaffte durch einen Konter das 2:0 ins leere Tor, Uwe Berner holte auf seiner ungewohnten linken Seite zum 1:2 auf, aber es blieb dabei. Die Rettung ins Spiel um Platz 3 gelang im letzten Spiel gegen RMC Stein auch nicht. Gegenüber RC Iserlohn mußte man 6 Tore aufholen, beim Gegner RMC Stein eigentlich unmöglich. Die Franken waren aber minutenlang unkonzentriert und aus einem 1:2 machte RV Gärtringen bis zur 10. Minute ein 5:2, nur 3 Tore fehlten noch. RV Gärtringen blieb offensiv, zu offensiv und fing sich Gegentreffer auf Gegentreffer mit dem Höhepunkt 5 Sekunden vor Schluß, als Bernd Mlady ein Solo über das gesamte Spielfeld zum 5:5 abschloß. Dieser Punkt reichte RMC Stein zum Finalspiel.

Der 2. Verlierer des Tages war RVS Obernfeld. Die Kopps gingen als Ranking-Führender in den Wettbewerb, aber es ging einiges schief. Erst der Kopf von Andre Kopp, dann ein Rahmenbruch bei ihm und ausgerechnet durch diesen neuen Rahmen fiel der glückliche WM-entscheidende Ausgleich zum 2:2 durch Roman Müller. Der Reihe nach: Über RC Iserlohn holte RVS Obernfeld seinen Pflichtsieg mit 4:2 Toren. Gegen RMC Stein der 1. Rückschlag: Andre Kopp war vom Rad und Bernd Mlady schafft den 1:0-Halbzeitstand. Aus dem eigenen Anspiel zur 2. Halbzeit markiert Gerhard vorn halbe Höhe das 2:0. 40 Sekunden später dann die Szene des Spiels: Andre Kopp rast ins eigene Tor, um den Ball vor der Linie noch zu retten. Er schafft es nicht (3:0), aber er fällt vehement ins umfallende Tor und ritzt sich dabei am Kabelbinder des Torpfostens den Oberkopf auf. Im Krankenhaus wurde die Wunde mit 2 Stichen genäht und damit war er der 2. Turbanträger dieser Meisterschaft. Raphael Kopp spielte mit Manuel das Match zu Ende, die 1:5 Pleite war nicht zu verhindern. Nach der Pause war Andre Kopp im nächsten Spiel gegen RV Gärtringen wieder dabei und holte mit 2:1 den 2. Dreier, aber er stellte den Bruch des Rahmens fest, der bis zum nächsten Block ausgewechselt werden mußte. Es stand das Spiel der Spiele gegen SV Eberstadt um die WM-Tickets auf dem Programm, den Hessen genügte ein remis zum Erreichen des Finalspiels. Zeitstopp durch Fußverletzung bei Manuel Kopp und überwiegend Ballbesitz der Eichsfelder, der durch Manuel Kopp 34 Sekunden vor Halbzeit zum 1:0 belohnt wird. SV Eberstadt erhöhte das Tempo und Roman Müller holte den benötigten 1:1-Ausgleich. Andre Kopp schaffte per Penalty wieder die 2:1-Führung, RVS Obernfeld wäre jetzt wieder zur WM qualifiziert. Wie so oft im Spiel bekommt RVS Obernfeld Zeitspiel (Manuel Kopp:“Je nach Spielstand haben wir beide auf Zeit gespielt. Aber ich hatte den Eindruck, daß bei uns häufiger und viel früher das Schiri-Signal kam“) angesagt und Manuel Kopp führt den Ball Richtung gegnerischem Eckballpunkt. Dort schnappt sich Jens Krichbaum mit robustem Einsatz den Ball und sein Paß auf den durchfahrenden Partner Roman Müller verwertet dieser mit dem glücklichen Ausgleichstreffer durch den „neuen Rahmen“ von Andre Kopp. Bitter, bitter für die Kopps, alles ist an diesem Tage schief gelaufen und es blieb nur noch das Spiel um Platz 3.

RC Iserlohn hat als die Nr. 5 einem Favoriten mit dem RV Gärtringen ein Bein gestellt, kam so ins „kleine Finale“ gegen RVS Obernfeld, das realistische Ziel wurde also erreicht und man hat sich als Aufsteiger bei den etablierten Teams gehörigen Respekt verschafft. Gegen diesen Gegner ist sowohl im Final-Five als auch hier bei der Deutschen kein Kraut gewachsen und RVS Obernfeld holte sich nach einem 4:0 beim Seitenwechsel mit 6:3 Toren zum 4. Male in Folge eine DM-Medaille, in diesem Jahr Bronze.