Radballbericht von Heinz-Dieter Kuhlmann  

RVS Obernfeld ist im Leadertrikot wie beflügelt

Statt grün jetzt in weiß: das neue Outfit des RVS Obernfeld bringt für Andre und Manuel Kopp nach fast 5 Jahren (2009 in Oita/Japan) endlich den 2. Sieg im Radball-Weltcup. Wie schon beim 2014er Weltcupstart in Kostheim sichert sich der BDR auch noch den 3. Platz auf dem Treppchen durch RMC Stein (Bernd und Gerhard Mlady). Rückkehr zu alten Erfolgen mit neuen Mannschaften?

Bei der Weltcuppremiere in der alten Radballhochburg Krofdorf waren beim 3. diesjährigen Turnier wieder 10 Mannschaften aus 6 Nationen auf 2 Spielflächen am Start, der Ausrichter stellte per Wildcard sein hoffnungsvolles Zweitligateam Sascha Götz und Luca Wagner, das sich anschickt, in die 1. Radball-Bundesliga aufzusteigen.

Wie erwartet haben sich in den beiden Vorrundengruppen die Favoriten RC Höchst I und RVS Obernfeld in Gruppe 1 und RMC Stein mit RC Winterthur in Gruppe 2 für das Halbfinale qualifiziert. Trotzdem lief dort nicht alles nach Plan und dieses bekam der amtierende Weltmeister RC Höchst I zu spüren. Pavel Loskot (SC Svitavka) deckte beim 4:7 gegen RC Höchst I vorn halbe Höhe bisher nie gekannte Mängel bei Keeper Patrick Schnetzer auf. Aber RMV Pfungen war es vorgehalten, die große Überraschung zu liefern. Keck und mutig spielte das Team nach vorn und mit Erfolg: 4:0 zur Pause für die Waibels. Selbst die Halbzeitansprache half nicht, es stand sogar 0:6, ehe 4 Minuten vor Schluß Benjamin Waibel dem Champion ein Eigentor zum 1:6 „gönnte“. Nun begannen die jungen Eidgenossen Nervenflattern über ihre eigene Courage und verloren ihre Linie. Der Weltmeister holte binnen 2 Minuten zum 5:6 auf, wurde aber dann gestoppt durch Unstimmigkeiten mit dem Kampfgericht bezüglich der Restspielzeit. Es wurde für RMV Pfungen allerdings ein Pyrrhussieg, denn eine bessere Platzierung wurde durch die 6:8-Niederlage gegen Krofdorf wieder relativiert. Den Gruppensieg holte sich dann RC Höchst I doch gegen RVS Obernfeld, weil der direkte Vergleich im Weltcup zählt. Hier stand das Match bis zur 9. Minute noch 0:0, ehe Markus Bröll eine Ecke zur Führung und Vorentscheidung verwandelte. Am Ende stand es 5:2 für die Vorarlberger.

In der Gruppe 2 taten die Mladys in ihrem 3. Weltcupturnier zunächst nicht mehr als erforderlich, um die Gegner zu besiegen. Vor allem MO Svitavka leistete 14 Minuten harten Widerstand. Etwas sicherer war sogar Ex-Weltmeister RC Winterthur, der mit perfekter Ballbehandlung seine Dreier verbuchen konnte. Mit Spannung wurde das finale Gruppenspiel um Platz 1 erwartet, das aber leider zeitgleich mit der Entscheidung auf der anderen Spielfläche stattfand. Bei einer anschließenden Pause von 90 Minuten hätte für die Zuschauer eine Reihung nacheinander gut getan. Mit ihrer Schnelligkeit schafften es die Mladys mit 2:0 in die Pause zu gehen. RC Winterthur schaffte nun, das Match besser zu kontrollieren, kam zu Chancen und fast wäre beim 2:3 der Ausgleich noch gelungen. So kam es im Halbfinale zum deutschen Bundesligaduell RVS Obernfeld gegen RMC Stein und zum Duell der Weltmeister 2013 RC Höchst I und 2009 RC Winterthur.

Völlig unter Wert war am Ende RMV Pfungen mit Rang 9 platziert, das Spiel gegen die rote Laterne gewannen sich ungefährdet mit 6:4 Toren. Rang 7 sicherte sich RSV Krofdorf mit einer echten Leistungssteigerung im Verlaufe des Turniers durch einen 4:2-Erfolg über MO Svitavka. Vielleicht waren die Erwartungen bei Götz-Wagner zu Beginn zu hoch geschraubt, denn mit 1:9 gegen RVS Obernfeld und 2:10 gegen RC Höchst I wurden sie gerupft. Gegen SC Svitavka hatten sie sich insgeheim etwas ausgerechnet, aber auch hier waren die Punkte hoch mit 4:9 Toren weg. Erst gegen RMV Pfungen war der Kampf erfolgreich und Platz 7 möglich. Ein gutes Turnier spielte auch SC Svitavka mit einem gut aufgelegten Pavel Loskot, Platz 5 gegen SNA Gent (Christophe Baudu mit dem Neuling Arno Vandoorne für den beruflich verhinderten Peter Martens) dank eines 6:3 ist der verdiente Lohn.

Das 1. Halbfinale zwischen RC Höchst I und RC Winterthur wurde das Spiel von Torwart Marcel Waldispühl. Tolle Paraden ließ den Weltmeister verzweifeln und wie im Spiel gegen Pfungen rieben sich die Fachleute die Augen. RC Winterthur führte zur Pause 3:0 und legte zum 5:0 nach. Binnen 2 Minuten kam RC Höchst I auf 3:5 heran, aber die routinierten Eidgenossen wackelten nicht, sondern legten die Entscheidung zum 6:3-Endstand nach. Welche deutsche Mannschaft zieht nun im 2. Halbfinale nach ? RMC Stein machte sofort Druck und das mit Erfolg. 1:0 und 2:0 (Wembley-Tor unter die Latte), die Franken waren gut in der Spur. RVS Obernfeld bekam nun mehr Ruhe ins Spiel und holte bis zum Seitenwechsel das wichtige 2:2. Etwas glücklich der Siegtreffer unter dem Tretlager zum 3:2 für die Eichsfelder durch Andre Kopp.

Für Bernd und Gerhard Mlady blieb „nur“ das kleine Finale um Platz 3 gegen RC Höchst und es wurde Radball in Perfektion geboten. Beide Teams bemühten sich voll offensiv mit Tempo zu agieren und es wurde echte Werbung für den Radball. Nach 0:1 ging RMC Stein in der 5. Minute per Eckball erstmals 2:1 in Führung. Das 2:2 wurde binnen einer Minute zum 4:2 Halbzeitstand korrigiert. Furios ging es weiter: 5:2 Flachschuss, aber RC Höchst I kam zurück zum 5:4 an den Innenpfosten. Stein blieb im Angriff und machte bald darauf den Sack zum 8:4 zu. RC Höchst I hatte bisher 2 Niederlagen seit dem Titelgewinn einstecken müssen und nun 3 Pleiten an einem Tag, das gab es für diese Besetzung Bröll – Schnetzer überhaupt noch nicht. Woran lag es ? Je 6 Gegentore gegen die Schweizer Teams und 8 gegen Stein sind auf jeden Fall ungewöhnlich. Dazu kam die Unkonzentriertheit bei Eckbällen, wo sind die Abgaben manchmal hingeflogen ? Klasseleistung für RMC Stein, nur einem knappe Niederlage und im 3. Weltcupturnier mit Platz 3 zum 2. Male auf dem Treppchen. Das Team bleibt in der Spur Richtung Weltcup-Finale.

Im kleinen Finale noch ein Feuerwerk vom Angriffsradball, aber das Finale wurde zum PVC-Schach zwischen RC Winterthur und RVS Obernfeld. Peter Jiricek, ohnehin mit 58. Weltcupturnieren Rekordhalter konnte mit dem 16. Sieg auch diesem Rekord schaffen. Die Kopps hingegen wollten nun endlich im 14. Turnier den Bann brechen und erstmals nach Oita 2009 wieder das oberste Treppchen erklimmen. Die Devise war klar: Peter Jiricek deckt die Schussmöglichkeiten von Andre Kopp komplett ab und Marcel Waldispühl konzentriert sich nur auf Manuel Kopp und setzt rechtzeitig entgegen. Gefühlte 80 % Ballbesitz für Obernfeld, aber es sprang nichts zählbares heraus. Bei Angriffen von Winterthur dagegen hielt Manuel die Mitte dicht und ließ keinen brauchbaren Paß zu. Fast logisch: 0:0 nach 14 Minuten, eine Verlängerung mußte her. 4.35 Min vor Ende, also in Spielminute Nr. 17 endlich der 1. Treffer: Eckball für RVS Obernfeld und Treffer. 2.15 Min. vor Schluss ein weiterer Eckball für die Deutschen, es sollte die gleiche Variante werden, aber Waldispühl wehrte ab und den herunterfallenden Ball zog Jiricek aus der Drehung ins leere Obernfelder Tor zum 1:1. So blieb es bis zum Schlusspfiff und die Zugabe für die Zuschauer: 4-Meter-Schiessen. Die erste Serie verwandelten alle 4 Schützen zum 3:3. Die 2. Serie begann mit Andre Kopps Hammer unter die Latte. Dann wollte Marcel Waldispühl Andre vorn flach „verladen“, aber der wehrte ab. Nun mußte Manuel Kopp Nerven haben, Treffer und Weltcupsieg vor Augen. Und er schaffte es zum 5:3, der Rest war grenzenloser Jubel: Endlich geschafft! Natürlich war das Leadertrikot verteidigt und mit nun 120 Rankingpunkten nach 3 Wettbewerben ist das Finale in Großkoschen am 06.12.14 sicher.