Bericht von Heinz-Dieter Kuhlmann

WM-Bilanz Radball

Im 5. Anlauf: WM-Gold für Skotak-Smid (Tschechien)

Das WM-Trikot bleibt in Tschechien. In der Hauptveranstaltung mit den 4 Finalisten – leider ohne deutsche Beteiligung – fing die WM eigentlich erst an. Im 1. Halbfinale zwischen Österreich und der Schweiz wurde das Austria-Team von den Zuschauern mit einem gellenden Pfeifkonzert begrüßt, weil sie durch ihre „Niederlage“ gegen Belgien das Ausscheiden der Gebr. Pfaffenberger perfekt gemacht haben. Sie ließen sich aber nicht beeindrucken, sondern suchten ihre Chance gegen den Weltmeister 2002 Schweiz. Schneider betrieb ein kraftraubendes Abwehrspiel und Mitte der 1. Hälfte schaffte Österreich per Eckball das 1:0, das mit in die Pause genommen wurde. Vom Coach Petr Jiricek neu eingestellt, wurde die Schweiz im Angriff aggressiver und schon nach 2 Minuten der umjubelte 1:1-Ausgleich durch Jiricek hinter dem Rücken vom Keeper König, dem Newcomer im Österreichischen Radball. Infolge Unkonzentration bei Schneider fiel die Entscheidung zugunsten der Eidgenossen 2.40 Min. vor Schluß durch Looser, der eine Fehlabgabe abfing. Damit hatte die Schweiz die Silbermedaille des Vorjahres sicher und Österreich ging in das Spiel um Platz 3.

Das 2. Halbfinale zwischen Tschechien und dem „Wunschgegner“ Belgien lief es wie erwartet, Tschechien technisch besser, Belgien hielt den Kampfgeist dagegen. Ein abgesprungener Reifen bei Baudu ermöglichte Tschechien einen 4-Meter-Ball, den Skotak nach knapp 4 Minuten sicher verwandelte. Belgien hielt weiter dagegen, aber die Angriffe waren nicht zentimetergenau, daher ohne Erfolg. Die Stärke der Tschechen seit Pospisil-Zeiten, die Eckbälle, brachte die Vorentscheidung, denn Smid verwandelte diesen direkt zum 2:0 zur Pause. Nach Verletzung von Baudu und neuem Konzept versuchte Belgien alles und eine Super-Einzelleistung von Baudu über die gesamte Spielfläche brachte den 1:2-Anschluß. Neue Hoffnung und fast der Ausgleich, als ein Schuß den Aussenpfosten streifte. Mit einem geschundenen Freischlag 4 Meter vor dem Belgischen Tor brachte sich Tschechien in Vorteil. Deuvaert hielt zwar, aber der folgende – natürlich Eckball – brachte doch das entscheidende 3:1 für Tschechien.

Weiterhin gellende Pfiffe im Spiel um die Plätze 3 und 4 für Österreich, aber diese hatten genau richtig kalkuliert für die Bronzemedaille. Keeper König legte mit 3 Treffern den Grundstein zum 1:0, 2:1 und kurz nach der Pause zum 3:1, trotzdem versuchte die Halle mit Schlachtrufen „Belgien“ noch für den Umschwung, aber Österreich wurde zusehends überlegen mit ballsicheren und schnellen Passagen. Am Ende war es mit 6:1 Toren eine leicht erreichte Bronzemedaille für das Team aus Höchst.

Wie erwartet standen schließlich die beiden A-Gruppensieger Schweiz und Tschechien im Finale. Der deutsche Kommissär war nur in einer Situation in Bedrängnis, als plötzlich 3 Schweizer Räder auf der Fläche waren, aber das war nur nebensächlich, denn die Mannschaften bemühten sich um ein faires Spiel. Zunächst war der Ex-Weltmeister aus Winterthur in der Vorhand, denn schon nach einer Minute markierte Looser nach Querpaß frei vor dem Tor das 1:0, als Smid sein Rad zu spät hochzog. Sofort aus dem Anspiel meldete sich Tschechien zum 1:1 zurück, aber Looser machte mit 4-Meter-Ball wieder die 2:1-Führung. Tschechien spielte nun auf Eckball und wie so oft, der Ausgleich zum 2:2, dem Halbzeitstand, fiel auch so. Es blieb offen und die Teams bemühten sich auf Angriff zu spielen. 2 mal Eckball für die Schweiz, aber Smid wehrte gekonnt ab. Die Entscheidung fiel dann zugunsten Tschechiens innerhalb von 15 Sekunden in der 11. Spielminute. Einen Angriff der Schweiz fing Smid ab und Kommissär Grünenwald lief Vorteil laufen, den Smid zur erstmaligen Führung zum 3:2 nutzte. Aus dem Anspiel kam nun Jiricek auf seiner falschen Seite zu wild, blieb am Hinterrad von Smid hängen und dieser schoß das 4:2 ins leere Tor. Nun ging man daran, den Vorsprung zu verwalten, Zeitspiel und Verletzungsunterbrechung bei Skotak sind üblich. Die letzte Hoffnung auf den Titel vergab Looser, als er 2 Minuten vor Schluß einen 4-Meter-Ball an die Latte hämmerte. Der Rest in der letzten Minute war eigentlich nur noch Formsache. Jiricek ließ Smid fahren, um möglicherweise noch in Ballbesitz zu kommen, doch dieser versengte ins Dreieck hinten zum 5:2. Fast schon im Jubel untergegangen ist der Anschluß zum 3:5 wenige Sekunden vor Schluß. Nach 4 Teilnahmen mit Silber- bzw. Bronzemedaillen haben Smid-Skotak im 5. Anlauf endlich WM-Gold gewonnen und können sich nun in die Ahnentafel der Tschechischen Weltmeister einreihen. Der letzte gemeinsame WM-Auftritt von Looser-Jiricek brachte zwar nicht das erhoffte 2. Gold, sondern nach 2003 wieder Silber, jedoch scheiden die Sportler als Freunde, das wurde sichtbar, als sie nach dem Schlusspfiff noch viele gemeinsame Runden Arm in Arm auf der Spielfläche drehten. Österreich hat mit Bronze mit einer neuen Mannschaft sein Ziel erreicht und Belgien mit Platz 4 wie 2002 in Dornbirn den Platz auf dem Treppchen verpasst. Der große Verlierer der WM in Tata war allerdings Deutschland und über die Vorbereitung und die 3 WM-Tage ist dringender Gesprächsbedarf vorhanden.

 

Wieder eine Enttäuschung: Nur Platz 5 für Deutschland

Die Serie wird langsam dramatisch: 4. Plätze für Münster 1997, 1999, 5. Platz und 4. Platz für Krofdorf 2002 bzw. 2003 und nun in Tata eine weitere Enttäuschung: 5. Platz für die Gebr. Pfaffenberger. Die große deutsche Nachwuchshoffnung Edersleben hat im Fegefeuer der 3 WM-Tage absolut versagt, alles, was im Vorfeld gut lief, war in Tata plötzlich wie weggeblasen. Nun nur wieder keine WM-Medaille, sondern die Art der Niederlagen erinnerten an die Krofdorfer Pleiten der beiden letzten Jahre. Keeper Steve Pfaffenberger war völlig von der Rolle, nichts klappte, kraftlose Schüsse, die Verantwortung wurde gegenseitig abgegeben und am Ende war das Selbstvertrauen dahin. Eine völlig neue Situation für die erfolgsverwöhnten Zwillinge, die doch so überragend die deutsche WM-Qualifikation gewonnen haben. Für alle war erkennbar, dass die Chemie zwischen Mannschaft und Betreuerstab nicht gestimmt hat. Bundestrainer Jürgen King kam offensichtlich nicht an die Mannschaft heran und die Spieler waren trotz ihrer jungen Jahre nicht bereit, sich Belehrungen und Warnungen der altgedienten Fachleute anzuhören. Selbst bei Spielunterbrechungen blieben die Zwillinge mitten auf der Fläche und versuchten sich, gegenseitig zu motivieren.

Natürlich hatte die Mannschaft ein hammerschweres Startprogramm. Am Freitag wartete mit Österreich gleich ein kampfstarker Gegner und das Spiel sollte richtungsweisend sein. In der 1. Halbzeit versuchte jedes Team, keinen Fehler zu machen, aber auch die Nervosität auf beiden Seiten war sichtbar: logisches Ergebnis auf beiden Seiten zur Pause: 0:0. Wer das 1. Tor schießt, gewinnt – den Eindruck hatte man. Mike hatte zum 1:0 Erfolg, als König ein haltbarer Schuß durch die Hände rutschte. Das 2:0 nach einem unkorrekt abgewehrten Eckball per 4-Meter-Ball durch Mike, es lief doch und nur noch 4.50 Min. zu spielen. Der Routinier Schneider kämpfte weiter und hatte 4-Meter-Ball zum 2:1 Erfolg. Deutschland kam mehr und mehr unter Druck und tatsächlich mit Eckball kassierte man noch den 2:2-Ausgleich. Auftakt also durchwachsen, aber das Programm der Spielfolge war eigentlich gegen Deutschland. Top-Favorit Schweiz wartete. Viele Fehlabgaben auf beiden Seiten über mehr als 5 Minuten, aber keine klare Torchancen, weil infolge Manndeckung Mike sich nicht entfalten konnte. 1.17 Min. vor der Pause kein Leichtsinnsschuß von Mike, den Looser sicher abfing und per Dropp-Kick zum 0:1 verwandelte. Pech dann durch Mike` s Pfostenschuß und fast im Gegenzug wohl bereits die Vorentscheidung, als 2 Sek. vor Halbzeit Looser einen Rückpaß zum 0:2 ins Tor schlenzt. Weiterhin ausgeglichenes Spiel Anfang der 2. Halbzeit und dann machte Looser den Fehler, leichtsinnig von der Seite aufs Tor zu schießen und Steve bedankte sich zum 1:2 ins leere Tor. Die Hoffnung war nur kurz, denn Jiricek deckte hautnah und nutzte eine Fehlabgabe vor dem deutschen Tor zum 1:3, Looser erhöhte hinter dem Sattel zum 1:4; das Spiel war weg. Es wurde deprimierend, denn kopflos kassierte man das 1:5 und 1:6. Nach 2 Spielen blieb man bei einem Punkt, die Gegner hatten teilweise bereits 2 Siege auf ihrem Konto und nun wartete Tschechien. Der aggressive Skotak nahm Mike zweimal den Ball ab und Edersleben konnte nur per Nachschuß aus einem Freischlag einen Treffer dagegensetzen. Wieder ein Pausenrückstand: 1:2. Das 2:2 aus einem gelungenen Spielzug zum 2:2, es keimte Hoffnung auf, aber aus dem Anspiel heraus sofort das 2:3 durch Skotak innerhalb von 10 Sekunden. Nun folgten die bei Tschechien üblichen Mätzchen: Zeitspiel, Verletzung und die Zeit verstreicht. Die wenigen Chancen werden nicht genutzt: 4-Meter-Ball: Mike vergibt und die Niederlage wird perfekt durch einen unberechtigten Freischlag 3 ½ Meter vor dem Tor zum 2:4. Nun heißt es nur noch: Rettung des 4. Platzes.

Es wartet aber Angstgegner Belgien, in allen Turnieren bislang eigentlich kein Problem. Aber hier bei der WM wird auch Belgien plötzlich wie ein Riese. Es lief auch programmgemäß: 3:0 nach 5 Minuten, abhaken. Aber es folgte ein Musterbeispiel, wie man einen Gegner wieder aufbauen kann. 3:1 vorn (haltbar ?), Fehlabgabe 3:2 noch vor der Pause, man fängt wieder an zu zittern. Die Nervosität wächst, Steve verhaspelt sich vor dem leeren Tor und macht vor dem eigenen Gehäuse eine Fehlabgabe, die Belgien zum Ausgleich verwertet Mitte der 2. Hälfte. Fehler über Fehler, Hektik, fast ein Eigentor und unerklärliche Abschlussschwäche bei Steve: es bleibt beim 3:3 – ein Resultat, das sich rächen wird, denn nun fangen die anderen Nationen an zu rechnen.Für die Statistik blieb der einzige Gruppensieg gegen Frankreich mit 7:4 Toren, aber die Art des Spiels war zum „weglaufen“ und es roch sogar nach einer Sensation, denn die Equipe tricolore führte zur Halbhzeit 4:2 !!!. Tschechien und Österreich brauchten ein remis, um beide im Halbfinale zu sein (Tatsache 4:4). Dann konnte Österreich gegen Belgien verlieren, um Deutschland endgültig zu eliminieren (Tatsache 2:4 mit 3 Treffern für Belgien in den beiden letzten Minuten) und der Gipfel war das letzte A-Gruppen-Spiel zwischen der Schweiz und Tschechien, als beide Teams verlieren wollten, um im Halbfinale gegen den vermeintlichen schwächeren Gegner Belgien zu spielen. Nach Ermahnung des Kommissärs verhielten sich die Eidgenossen fair und gewannen „kampflos“ 7:3. Diese 3 Spiele waren Betrug am zahlenden Publikum, die durchschnittlich € 300,- pro Person für diese WM ausgegeben haben.

In der B-Gruppe gab es erwartungsgemäß die Gruppensiege von Japan und Kroatien und aus der A-Gruppe gesellten sich für die Relegation noch Frankreich und wohl oder übel Deutschland dazu. Die direkten Spiele wurden übernommen und hier zählte das deutsche 7:4 über Frankreich und Japans 4:3-Sieg in der B-Gruppe über Kroatien. Die in Württemberg bestens bekannten Kroaten verkauften sich teuer und verloren knapp gegen Frankreich und stellten auch die Pfaffenberger beim 5:9 11 Minuten lang vor Riesenprobleme. Das einzig gute Fazit der Relegation war, dass durch das 9:2 (nach 1:2-Rückstand nach 6 Minuten) gegen Japan bereits vorzeitig die A-Gruppe für nächstes Jahr in Freiburg gesichert wurde.

Die große Tragik fand dann aber im Schlussspiel zwischen Frankreich und Japan statt. Die Asiaten brauchten ein Sieg für den A-Gruppen-Aufstieg und führten 4 Minuten vor Schluß mit 5:3 Toren. Dann verletzte sich Feldspieler Katsumi (Rippenbruch), versuchte sich noch eine Minute lang und wurde dann vom Turnierarzt aus dem Wettbewerb genommen. Mit Ersatzmann brachte Ko durch zwei eigene Fehler in den restlichen 3 Minuten den Sieg nicht unter Dach und Fach und mit 5:5 konnten die Franzosen jubeln.